Die Macht der Implementierungsabsichten: So überlistest du deinen Autopiloten
„Wenn das passiert, dann werde ich...“: Wie ein einfacher Plan deine Ziele sichert
Du kennst das Gefühl: Der Vorsatz ist da, die Motivation groß. Doch im entscheidenden Moment siegt die alte Gewohnheit. Du nimmst dir vor, nicht mehr zu rauchen, aber wenn der Drang kommt, greifst du trotzdem zur Zigarette. Du willst gesünder essen, aber wenn du abends nach Hause kommst, landest du am Kühlschrank.
Der Grund dafür ist, dass dein Gehirn eine bewusste Entscheidung (dein Ziel) erst in eine konkrete Handlung umwandeln muss. Und genau in dieser Lücke zwischen „Wollen“ und „Tun“ schlägt die Aufschieberitis zu.
Die Macht der Implementierungsabsichten
Die Lösung ist so einfach wie genial: Indem du im Voraus planst, wie du auf eine bestimmte Situation reagieren wirst, nimmst du deinem Gehirn die Arbeit der Entscheidung ab. Das ist das Prinzip der Implementierungsabsichten.
„Wenn ich das Verlangen nach einer Zigarette verspüre, dann werde ich aufstehen und ein Glas Wasser trinken.“
„Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, dann werde ich zuerst eine Tasse Tee kochen, anstatt den Kühlschrank zu öffnen.“
Was die Forschung sagt
Die wissenschaftliche Grundlage dafür ist solide. Studien von Psychologen wie Peter Gollwitzer haben gezeigt, dass diese „Wenn-dann“-Pläne die Erfolgschancen fast verdreifachen können. Sie funktionieren, weil sie:
Den Autopilot aktivieren: Du programmierst einen Reflex. Die Handlung wird quasi-automatisch, du musst nicht mehr bewusst nachdenken.
- Willenskraft sparen: Du musst deine Willenskraft nicht mehr im entscheidenden Moment verbrauchen, um der Versuchung zu widerstehen. Die Entscheidung ist bereits getroffen.
- Den inneren Schweinehund überlisten: Es gibt keinen Raum mehr für Ausreden. Der Auslöser (das „Wenn“) führt sofort zur Handlung (dem „Dann“).
Wie du deine eigenen Pläne erstellst
Die Formulierung ist entscheidend. Sie muss präzise sein und den Auslöser mit der Handlung verknüpfen.
Definiere den Auslöser (das „Wenn“): Sei so konkret wie möglich. (z.B. „Wenn ich nach dem Essen aufstehe...“, „Wenn mein Handy klingelt...“)
Definiere die Reaktion (das „Dann“): Was wirst du stattdessen tun? (z.B. „...dann werde ich mir die Zähne putzen.“, „...dann werde ich die Hände an den Rädern meiner Karre legen.“)
Indem du die Aufschieberitis nicht nur bekämpfst, sondern ihr mit einem klaren Plan zuvorkommst, gewinnst du die Kontrolle zurück. Deine bewussten Entscheidungen werden zu deinen unbewussten Gewohnheiten.
Implementierungsabsichten sind also:
Implementierungsabsichten – oder kurz: "Wenn-dann-Pläne" – sind eine psychologisch fundierte Strategie. Anstatt dir nur vorzunehmen, ein Ziel zu erreichen ("Ich will nicht rauchen"), legst du im Voraus fest, wie du auf einen bestimmten Auslöser reagieren wirst.
Die einfache Formel lautet:
Wenn Situation X eintritt, dann werde ich Handlung Y ausführen.
Warum das Gehirn diesen Plan liebt
Erinnere dich: Dein Gehirn liebt Effizienz. Der "innere Schweinehund" und die alte Rauchgewohnheit gewinnen, weil sie auf der schnellsten Autobahn (deiner alten Gewohnheit) fahren.
Ein "Wenn-dann-Plan" macht deine neue, positive Reaktion zur neuen, schnellsten Autobahn. Du musst im Moment der Versuchung nicht mehr rational abwägen, da du die Entscheidung schon getroffen und automatisiert hast. Das Prinzip nutzt die intuitive Stärke deines Gehirns (System 1) für deine bewusste Entscheidung (System 2).
Implementierungsabsichten in der Rauchentwöhnung
Wende dieses Prinzip auf deine stärksten Rauch-Trigger an, um sie zu entschärfen:
Beispiel 1: Die Morgen-Zigarette
Die Zigarette zum ersten Kaffee ist oft ein unbewusster Automatismus, der sofort nach dem Aufstehen greift.
- Der Trigger (Wenn): "Wenn ich meinen ersten Kaffee in die Hand nehme..."
- Die Handlung (Dann): "...dann putze ich mir sofort die Zähne, bevor ich mich setze."
- Der Effekt: Das Zähneputzen unterbricht den alten Reflex und schafft einen frischen Mund, der keinen Rauch mehr mag. Du hast die Gewohnheitskette sofort durchbrochen.
Beispiel 2: Der Stress-Moment
Stress ist einer der häufigsten Auslöser für einen Rückfall. Die Zigarette war dein Ventil.
- Der Trigger (Wenn): "Wenn mein Chef mich unter Druck setzt und ich Stress verspüre..."
- Die Handlung (Dann): "...dann stehe ich auf, gehe zum Fenster und mache fünf tiefe Atemzüge."
- Der Effekt: Du ersetzt die schädliche Gewohnheit durch eine gesunde Bewältigungsstrategie. Die neue Handlung wird zum automatischen Stressventil.
Dein Fazit: Vom Vorsatz zur Tat
Implementierungsabsichten sind der Schlüssel, um die Lücke zwischen Wissen und Umsetzung zu schließen. Sie sind das perfekte Werkzeug, um die Aufschieberitis zu besiegen und den Autopiloten zu zähmen, der dich immer wieder in alte Muster zurückziehen will.
Aber Achtung: Die Falle der großen "Wenn-dann-Pläne"
Obwohl die Implementierungsabsichten für Verhaltensänderungen im Alltag genial sind, sind sie völlig ungeeignet für die finale Start-Entscheidung.
- Der Trugschluss: Viele versuchen, ihren endgültigen Rauchstopp zu planen: "Wenn der erste Januar ist, dann höre ich auf zu rauchen."
- Die Realität: Dies ist keine Strategie, sondern eine bewusste Form der Prokrastination. Du nutzt das "Wenn" nicht zur Automatisierung einer Handlung, sondern als psychologische Ausrede, um die unangenehme Konfrontation mit der Sucht in die Zukunft zu verschieben.
Die Implementierungsabsichten funktionieren optimal für den Mikro-Moment (den Griff zur Zigarette, den Drang nach dem Kaffee). Sie sind ein Werkzeug für das Training deiner Gewohnheiten. Der endgültige Startpunkt hingegen muss eine klare, bewusste Entscheidung sein, die jetzt getroffen wird, nicht erst an ein entferntes Datum geknüpft wird.